Mittwoch, 4. Januar 2017

Die Hexe von Endor (1)


 

 Adam Elsheimer - http://wellcomeimages.org/indexplus/image/V0025881.html
Samuel war gestorben und ganz Israel hatte die Totenklage für ihn gehalten und ihn in seiner Stadt Rama begraben. Saul aber hatte die Totenbeschwörer und die Wahrsager aus dem Land vertrieben.
     Als sich die Philister gesammelt hatten, rückten sie heran und schlugen bei Schunem ihr Lager auf. Saul versammelte ganz Israel und sie schlugen ihr Lager im (Bergland von) Gilboa auf.
 Als Saul das Lager der Philister sah, bekam er große Angst und sein Herz begann zu zittern.
   Da befragte Saul den Herrn, aber der Herr gab ihm keine Antwort, weder durch Träume, noch durch die Losorakel, noch durch die Propheten.
   Daher sagte Saul zu seinen Dienern: Sucht mir eine Frau, die Gewalt über einen Totengeist hat; ich will zu ihr gehen und sie befragen. Seine Diener antworteten ihm: In En-Dor gibt es eine Frau, die über einen Totengeist Gewalt hat. (1. Samuel 28)

 Der große Prophet Samuel war gestorben und Israels Erzfeind, die Philister, machten mobil. Sie rüsteten zu einer Entscheidungsschlacht. Und König Saul, schwer geängstigt, machte das, was alle großen Führer Israels zuvor und danach getan haben. Er suchte Gott! 

So weit, so gut! Aber nun begann das eigentliche Problem. Gott antwortete nicht! ER schwieg!

Ein Schweigen Gottes ist schwer auszuhalten. Saul verstand sehr wohl, dass es nichts Gutes bedeutete. In seiner Angst und Not fügte er all seinen vorherigen Sünden noch eine weitere, schwere Sünde hinzu. Er suchte die Hilfe einer Totenbeschwörerin.
    Ausgerechnet er, der natürlich die diesbezüglichen Aussagen und Befehle Gottes kannte:
Ihr sollt euch nicht an die Totengeister und an die Wahrsagegeister wenden, ihr sollt sie nicht befragen ...  Und wenn in einem Mann oder in einer Frau ein Totengeist oder Wahrsagegeist ist, sie müssen getötet werden. (3. Mose 19 + 20)

Es soll in deiner Mitte keiner gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, kein Wahrsager, Zeichendeuter, Schlangenbeschwörer oder Zauberer, kein Bannsprecher oder Geisterbeschwörer, keiner, der Wahrsagegeister befragt oder sich an die Toten wendet. Denn ein Greuel ist dem Herrn ein jeder, der solches tut (5. Mose 18)
und sich ja auch, wie eingangs gelesen, auch daran gehalten hat:
  Saul aber hatte die Totenbeschwörer und die Wahrsager aus dem Land vertrieben.
Menschen tun in ihrer Verzweiflung oft schwer nachvollziehbare Dinge. Vielleicht dachte Saul, in Erinnerung an gute alte Zeiten: Wenn ich nur noch einmal mit Samuel sprechen kann, wird vielleicht alles wieder gut! 

Bis hierher ist die Geschichte für mich noch einigermaßen nachvollziehbar. Das aber eine dämonisch-okkult verstrickte Frau tatsächlich in der Lage war einen Mann Gottes aus dem Totenreich heraufzubringen, sprengt jeden fromm-christlichen Rahmen. Das ist ungeheurlich, erschreckend.


Einen bösen Geist, der den Samuel täuschend echt vorspielt. Ja, so etwas wäre denkbar. Aber Samuel selber. Nein, das passt eigentlich nicht ins christlich-fromme Weltbild. Und doch besteht vom Text her kein Zweifel, dass es wirklich Samuel war!